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22Jan

Stellungnahme zur Nutzung eines Grundstücks am Sinstorfer Kirchweg als Standort für Flüchtlingsunterbringung

Die Neue Liberale Fraktion Harburg ist sich der dringenden Notwendigkeit bewusst, dass Hamburg in kurzer Zeit viele Einrichtungsplätze für Flüchtlinge schaffen muss, um den Flüchtlingsströmen gerecht zu werden.

Es ist unsere rechtliche und vor allem auch moralische Verantwortung, in Not geratene Menschen bei uns aufzunehmen.

Erleichtert dürfen wir feststellen, dass die von uns mehrfach kritisierte Anwendung von Polizeirecht dieses Mal unterbleibt und die rechtsstaatlich vorgesehen Verfahrenswege im Wesentlichen eingehalten werden.

Die Anhörung nach § 28 BezVG wird dieses Mal frühzeitig durchgeführt und von der Fachbehörde wenigstes in diesem Fall offenbar wieder ernst genommen.

Dies vorausgeschickt nimmt die Fraktion Neue Liberale Harburg wie folgt Stellung:

Wir stimmen dem genannten Standort für öffentlich-rechtliche Unterbringung grundsätzlich zu, dies jedoch nur unter folgenden Bedingungen:

1. Unnötiges Fällen von Bäumen wird vermieden
2. Eine verbesserte ÖPNV-Anbindung mit engeren Taktungen der Busse wird gewährleistet
3. Sowohl für die Nachbarschaft als auch für die Flüchtlinge gibt es einen örtlichen Ansprechpartner in Sicherheitsfragen im Falle von Konflikten

Begründung:

Die Neue Liberale Fraktion Harburg steht für eine integrationsfördernde und sozialverträgliche Unterbringung von Flüchtlingen. Das kann nur gelingen, wenn den Menschen dezentrale, überschaubare Wohneinheiten, verteilt über das gesamte Stadtgebiet zur Verfügung stehen.

Wenngleich festzustellen ist, dass die Anzahl der Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, weiter deutlich gestiegen ist, so ist eine öffentlich-rechtliche Unterbringung mit – wie hier mindestens- 450 Plätzen zu groß, um eine vernünftige Integration der Menschen zu ermöglichen.
Dies gilt umso mehr als in der Nähe des hier in Rede stehenden Standorts am Leuchtkäferweg die Unterbringung von weiteren ca. 450 Flüchtlingen vorgesehen ist.

Wir erkennen an, dass die Fachbehörde sich hier ernsthaft bemüht, mehr Behutsamkeit als bisher bei der Errichtung von Flüchtlingsunterkünften walten zu lassen.

Gleichwohl gibt es nach wie vor erhebliche Defizite. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Größe der Einrichtung als auch im Hinblick auf die verkehrliche Anbindung und den Naturschutz.

Flankierende Maßnahmen wie etwa ein besonderes Sicherheits- und Sozialmanagement sind ebenfalls von Bedeutung.

Vorliegend sind vor allem drei Aspekte wichtig.

1. ÖPNV-Anbindung

Angesichts bereits heute teilweise überfüllter Busse auf der Linie 143 dürfte das bisherige Busangebot nicht ausreichen, um die stärkere Nachfrage infolge einer Vielzahl von Flüchtlingen gerecht zu werden. Inwieweit hier zeitnah eine verbesserte und zureichende Busanbindung geschaffen werden wird, bleibt völlig offen.

2. Naturschutz

Es ist vorgesehen, dass noch im Februar 2016 mit dem Fällen von Bäumen auf dem gesamten Gelände begonnen wird, weil am 01.März wegen des Beginns der Brutsaison der Vögel ein Fällen von Bäumen grundsätzlich untersagt ist.
Ein solches Vorgehen ist vorschnell. Unnötige Baumfällungen sind zu befürchten, da die Anordnung und Ausrichtung der Gebäude derzeit noch ungeklärt ist.

Zudem handelt es sich hier um einen ökologisch hochwertigen Baumbestand u.a. mit alten Buchen, Kastanien, Weiden und Ahornbäumen. Das Fällen eines solchen Baumbestands ist allenfalls dann hinnehmbar, wenn dies für die Realisierung des Vorhabens unerlässlich ist. Letzteres ist bisher nicht dargelegt. Da hier außerdem der Bau einer Lärmschutzwand in Frage steht, wäre in mehrfacher Hinsicht unklar, welche baumbestandenen Teilflächen genau benötig werden.

Einen unnötigen Kahlschlag solch wertvoller Baumbestände lehnen wir strikt ab.

3. Ansprechpartner vor Ort bei Sicherheitsfragen

Bei der Vorort-Veranstaltung und im Rahmen der Anhörung hat sich ergeben, dass viele Menschen ein Sicherheitskonzept fordern.
Den Befürchtungen der Menschen, es könnte in oder im Umfeld der Flüchtlingsunterbringung zu Konflikten kommen, sollte Rechnung getragen werden.

Ein Ansprechpartner für Sicherheit sollte stets vor Ort sein und den Menschen, sowohl den Flüchtlingen als auch den Nachbarn in Sachen Sicherheit zur Verfügung stehen.

Grundlegendes

Wir erwarten, dass Bezirk und Senat frühzeitig alternative Orte für Öffentliche Unterkünfte identifizieren. Der Standort muss uneingeschränkt geeignet sein.

Gute ÖPNV-Anbindung, vernünftige Versorgungsmöglichkeiten und eine sichere Unterbringung sind oberstes Gebot.
Es ist für uns selbstverständlich, dass der Bezirk Harburg weiterhin seinen Anteil leistet, Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterkunft zu bieten.

Jedoch muss auf eine angemessene Verteilung der Flüchtlingsunterkünfte auf die Bezirke geachtet werden.
Der Anteil an Flüchtlingsunterkünften im Bezirk Harburg ist derzeit bezogen auf Einwohnerzahl und Sozialstruktur des Bezirks im Verhältnis zu den anderen Bezirken weit überdurchschnittlich.
Eine gleichmäßigere Verteilung im Stadtgebiet ist sicherzustellen.

Wir fordern daher:
– ein Gesamtkonzept für die öffentliche Unterbringung in Hamburg, mit dem Ziel kleinerer, Integration fördernder Wohneinheiten gleichmäßig verteilt über das gesamte Stadtgebiet.
– einen Verteilerschlüssel für Hamburg, der Einwohnerzahl und Sozialstruktur der Bezirke berücksichtigt.
– Kurzfristig für eine deutlich verbesserte ÖPNV-Anbindung des konkreten Standorts zu sorgen.
– auf Baumfällungen so lange zu verzichten, bis feststeht, welche Baumfällungen tatsachlich notwendig sind, um das Vorhaben zu realisieren. Notfalls ist bis zum Ende der Vogelbrutsaison zu warten.

Verfasst am 22.01.2016 um 15:50 Uhr von .
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