Noch kurz vor Beginn des Gipfels tönten Hamburgs Innensenator und der Bundesinnenminister unisono: „Die polizeilichen Vorbereitungen für G20 sind ausgezeichnet.“ Im Lichte der Geschehnisse wirken diese Aussagen wie Hohn. „Ausgezeichnet“ womit? Ganz offensichtlich standen der Polizei eben nicht zu jedem Zeitpunkt genügend Kräfte zur Verfügung, um die öffentliche Sicherheit auch nur im Ansatz zu gewährleisten. Doch daran ist nicht in erster Linie die Polizei Schuld. Sie hat überwiegend Großartiges geleistet. Viele Polizisten sind dabei an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit geraten.
Es mag zwar sein, dass durch eine besonnenere Polizeitaktik die Demo „Welcome to Hell“ in ruhigere Bahnen hätte gelenkt und eine frühzeitige Eskalation damit hätte vermieden werden können. Aber war das tatsächlich so entscheidend? Denn zu vielen Teilnehmern dieser Demonstration ging es offenbar nicht um das Demonstrieren gegen den G20-Gipfel, sondern um Gewaltausübung und Randale. Wer durch Hamburgs Straßen wildert, Brandsätze zündet, Straßenbarrieren errichtet, Eigentum anderer zerstört und Leib und Leben von Menschen gefährdet, der zeigt nur eines: Kälte und Menschenverachtung.
Es ist alarmierend, wie viele Menschen aus weltanschaulichen Gründen die Augen vor den wahren Absichten etlicher Mitglieder des so genannten „Schwarzen Blocks“ verschließen. Wer für unsere freiheitliche Ordnung und unsere Verfassungswerte eintritt, hat die Pflicht sich an verantwortlicher Stelle, klar gegen Gewalt zu positionieren. Wer das versäumt und stattdessen Senat und Polizei die Schuld für die Gewaltexzesse zuschiebt, der läuft Gefahr zum geistigen Brandstifter der nächsten Gewaltwelle zu werden. Die Linkspartei hat hier eine unrühmliche Rolle gespielt und sich erst spät, ja zu spät klar gegen die Gewaltexzesse abgegrenzt.
Eine problematische Rolle spielen auch die Christdemokraten. Die Vertreter ihrer Bundesregierung und ihre Kanzlerin waren es, die G20 nach Hamburg haben wollten. Hamburgs CDU hat sich frühzeitig für Hamburgs Innenstadt als Tagungsort ausgesprochen. Nun, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, den Rücktritt des Bürgermeisters zu fordern, mag richtig sein. Redlich ist es nicht. Dem Bürgermeister und seinem Senat hätte -wie auch der CDU- die drohende Gefahr für die Sicherheit der Hamburger klar sein müssen. Die zentrale Lage der Messehallen als Veranstaltungsort, nahe Sternschanze, Karoviertel und Universität, wurde lange zuvor von vielen Gegnern des Gipfels als Affront gewertet. Es war klar: Der Sicherheitsaufwand für G20 und die damit verbundenen Einschränkungen für alle werden gigantisch. Die Verantwortung der Grünen ist es, sich bei Bürgermeister und SPD nicht durchgesetzt zu haben. Ihre stets bestehenden Bedenken gegen den Tagungsort erst jetzt öffentlich zu äußern, wirkt hilflos. Hier wäre frühzeitig eine klare Kante angezeigt gewesen.
Bei der problematischen Rolle der Parteien insgesamt gilt: Die politische Hauptverantwortung für die Gewaltexzesse tragen der Bürgermeister und seine SPD. Ein G20-Treffen ist kein Hafengeburtstag und G20 in dieser Form gehört nicht mitten in eine Großstadt. Wer wie Hamburgs Bürgermeister Sicherheit großspurig garantiert, hat viel verspielt, wenn anschließend Chaos und Unsicherheit eintreten. Doch das wohl Schlimmste ist: Die Menschen erwarten, dass auch ein Bürgermeister zugibt, sich geirrt zu haben. Mehr Empathie und mehr Selbstkritik als bislang gezeigt, war in dieser Situation dringend geboten. So wird die politisch „schwerste Stunde“ des Hamburger Bürgermeisters vielleicht auch eine der letzten in diesem Amt sein.
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